Hertha BSC steckt knietief im Dilemma. Der selbst ernannte „Big City Club“ könnte in der Saison 2021/22 auf einmal nur noch kleine Brötchen backen – sollte ein Abstieg nicht verhindert werden. Die Tatsache alleine, dass um den Klassenerhalt gezittert werden muss, während der Stadtrivale vom 1. FC Union noch europäisch träumt, ist schlimm genug für jeden Hertha-Fan. Doch dann gab es auch noch üble Nebengeräusche.
Irgendwie kann jeder Pal Dardai verstehen. „Ich möchte nicht so viel darüber reden“, sagt der Cheftrainer zur Causa Jens Lehmann, die unter der Woche ganz hohe Wellen geschlagen hat. Denn Dardais Mission ist eine andere. Er übernahm die Mannschaft Ende Januar erneut, nachdem es für Bruno Labbadia wie auch für Geschäftsführer Michael Preetz in der Hauptstadt keine Zukunft mehr gegeben hat. Pal Dardai soll den Abstieg verhindern. Doch einfacher ist diese Mission bis heute nicht wirklich geworden.
Immer wieder Störfeuer in kritischer Lage
Denn wegen einer Team-Quarantäne rutschte die Alte Dame noch tiefer ins Schlamassel. Während viele Mannschaften im Abstiegskampf fleißig punkteten, musste Hertha BSC hilflos zuschauen. Nun wiederum sollen sechs Partien in nur 20 Tagen absolviert werden. Zumindest das fühlt sich etwas europäisch an. Aber weil beim Hauptstadt-Club einfach keine Ruhe einkehrt, muss auch Pal Dardai immer wieder ganz andere Dinge in den Pressekonferenzen mit den Medienvertretern besprechen. Immer wieder gerät Hertha in die Gefahr, den Fokus auf die nächsten wichtigen Aufgaben zu verlieren.
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Dennis Aogo schließt die Akte Lehmann schnell
Anfang April sorgten befremdliche Äußerungen von Torwarttrainer Zsolt Petry für Störfeuer und zu dessen Entlassen. Anfang Mai war Jens Lehmann an der Reihe, der sich komplett im Ton vergriffen hatte. In einer Nachricht über WhatsApp stellte der ehemalige National-Torwart die Frage, ob Dennis Aogo nun bei Sky der „Quotenschwarze“ sei. Diese Nachricht hatte Lehmann – wohl versehentlich – direkt an Aogo geschickt. Der TV-Experte machte sie noch am späten Dienstag Abend öffentlich, worauf es Konsequenzen für Lehmann hagelte.
Seinen Job als Berater des Investors im Aufsichtsrat von Hertha BSC war Jens Lehmann bereits am Mittwoch los. Der Sender Sky kündigte direkt an, Lehmann nicht mehr als Gast in einem seiner Sendungen einladen zu wollen. Sport1 zog da sofort nach. Da nützte es auch nichts, dass Lehmann versuchte, die Dinge zu erklären. Dass die Nachricht nur positiv gemeint gewesen sei. Im Sinne von: Gute Quoten für den Sender, weil Aogo eben einen guten Job als Experte mache. Aogo nahm die Entschuldigen von Jens Lehmann an, machte selbige ebenfalls öffentlich. Für ihn sei das Thema damit abgehakt.
Pal Dardai: „Jens Lehmann war nicht eng an der Mannschaft dran“
Hertha BSC allerdings beschäftigt es weiter. Sehr zum Ärger von Pal Dardai. „Wir haben nicht gespürt, dass Jens Lehmann bei uns oder eng an der Mannschaft dran ist“, sagt der Trainer der Berliner und fordert, solche Sachen jetzt aus den Köpfen zu streichen: „Wir müssen uns konzentrieren aufs Fußballspielen, nicht darauf, was drum herum passiert.“
Denn zwar kann sich Hertha BSC ganz aus eigener Kraft dank der Nachholspiele aus dem Abstiegskampf befreien. Dazu braucht es allerdings eben auch die nötigen Punkte. So wie etwa direkt am Donnerstag Abend (18.30 Uhr) im Nachholspiel gegen den SC Freiburg. Im ersten Anlauf schaffte die Alte Dame nämlich nur ein 1:1 beim 1. FSV Mainz 05. Piatek hatte da in der Schlussphase eine Riesenchance auf den Sieg vergeben. Gegen Freiburg erneut ein Unentschieden oder gar eine Niederlage – dann bleibt Hertha Vorletzter! Und das soll unbedingt verhindert werden. Weil dann der Druck nur noch größer wird.
Abstiegskampf als ein Ritt auf der Rasierklinge
Denn das Restprogramm der Berliner ist Fluch und Segen zugleich. Die dritte Nachholpartie bestreitet Hertha BSC am 12. Mai auf Schalke beim abgeschlagenen Schlusslicht. Was, wenn die Königsblauen auf einmal als sicherer Absteiger endlich mal befreit aufspielen können? Zuvor ist Arminia Bielefeld (9. Mai) zu Gast. Nach Schalke spielt die Alte Dame am vorletzten Spieltag auch noch im Olympiastadion gegen den 1. FC Köln. Alles direkte Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt. Das wird demnach ein Ritt auf der Rasierklinge. Weil eben auch die Rivalen die Chance haben, sich von Hertha abzusetzen.
Einen kleinen Vorteil hat das Team von Pal Dardai definitiv. Mit 35:49 Toren (-14) kommen die Hauptstädter auf die beste Tordifferenz. Vor dem Freiburg-Match hilft das erst einmal nicht. Weil 27 Zähler nur für den vorletzten Platz reichen. Köln ist mit 29 Punkten Drittletzter und kann mit einem Dreier am Donnerstag ebenso überrundet werden wie Bielefeld und Bremen mit jeweils 30 Punkten, aber eben auch der schlechteren Tordifferenz. Und mit einem Sieg im letzten Nachholspiel auf Schalke hätte Hertha dann mit drei Punkten Vorsprung die Hausaufgaben gemacht. So ist der Plan. Ob die Alte Dame auch liefern kann, zeigt sich das erste Mal direkt am Donnerstag.
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